Das neue Versicherungsvertrags-Gesetz
Das neue VVG ist am 01.01.2008 in Kraft getreten. Das gilt
auch für die VVG-Informationspflichtenverordnung (VVG-InfoV).
In die Jahre gekommen
Nachdem das bestehende VVG aus dem Jahre 1908 nun rund 100
Jahre alt war, hat sich der Gesetzgeber überlegt im
Sinne des Schutzes für den Verbraucher die alten
Regeln zu überarbeiten. Was dabei herausgekommen ist,
ist das neue VVG 2008.
Verbraucherschutz oder Papierwahnsinn??
Ob der Verbraucher nun besser
dran ist und ob er mehr geschützt wird, läßt
sich sicher pauschal nicht beantworten. Tatsache ist, dass
der Verwaltungsaufwand seitens der Versicherungsgesellschaften
und auch des Vermittlers bis ins "Unerträgliche"
gewachsen ist.
Spannende Lektüre
Auch mancher Kunde reagiert mit Unverständnis, wenn er
von uns zu einem Angebot über eine Haftpflichtversicherung
zwischen 50 und 100 Seiten Kundeninformationen und Bedingungen
erhält. Dabei erfüllen wir nur gesetzliche Vorschriften
über deren Sinn oder Unsinn man sicherlich nachdenken
könnte.
Man spricht hier auch gern vom "Beipackzetteleffekt".
Dieser wird bei Medikamenten ebenso wenig gelesen, wie die
100seitigen Versicherungsbedingungen.
Kurz und knapp - Das Produktinformationsblatt
Was dagegen eher schlank und übersichtlich ausfällt
ist das ebenfalls seit dem 01.07.2008 geforderte "Produktinformationsblatt".
Es enthält alle vertragsrelevanten Informationen auf
einer Seite und muß dem Kunden vor Vertragsabschluß
ausgehändigt werden.
Abschied vom Policenmodell
Einen Versicherungsvertrag "einfach so" abschließen
geht nicht mehr. Da muß sich der Kunde zunächst
mal entscheiden, ob er nun eher das "Antragsmodell"
oder doch besser noch das "Invitatiomodell" (Anfragemodell)
bevorzugt.
Das Antragsmodell
Beim Antragsmodell werden die vertragsbezogenen
Versicherungsbedingungen und Verbraucherinformationen dem
Kunden mit den Antragsunterlagen zur Verfügung gestellt.
Die Information über die Vertragsinhalte ist also vor
der Antragserklärung des Kunden möglich. Der Kunde
erhält die Gelegenheit, sich vor seiner Antragserklärung
über die wesentlichen Vertrags-inhalte zu informieren.
Macht der Kunde davon Gebrauch und ist er mit den Vertragsmodalitäten
nicht einverstanden, wird er den Antrag erst gar nicht stellen
und somit keine vertragliche Bindung eingehen. Vielfach
wenn nicht fast durchgängig, hat der Kunde jedoch den
Antrag unterschrieben, ohne von der Möglichkeit der Kenntnisnahme
Gebrauch zu machen.
Das Invitatiomodell
Der Versicherungsnehmer nennt dem Versicherer oder dem Vermittler
seine Wünsche und Bedürfnisse und bittet den Versicherer
auf der Basis der zur Verfügung gestellten Daten um ein
Angebot zum Abschluss eines Versicherungsvertrages. Die Erklärung
des Versicherungsnehmers bleibt ohne rechtlichen Bindungswillen
und ist deshalb kein Antrag, sondern eine invitatio ad offerendum
. Der Versicherer prüft das Risiko, fertigt die Police
aus und übermittelt sie dem Versicherungs-nehmer. Der
Versicherer unterbreitet damit dem Versicherungsnehmer ein
Angebot zum Abschluss eines Versicherungs-vertrags, das der
Kunde durch ausdrückliche Erklärung oder konkludent
annehmen kann.
Stellvertretermodell
Versicherungsmakler mit Vertretungsmacht können den Kunden
selbstverständlich auch bei der Annahme des Vertrages
vertreten, nicht dagegen Vertreter (obwohl er so heißt).
Hier reicht es aus, wenn die gesetzlich geforderten Informations-unterlagen
vom Versicherungsmakler in Papier- oder Datenform verwaltet
werden.
Wer schreibt der bleibt - Beratungs-
und Dokumentationspflichten
Hier überschneiden sich die Anforderungen von VVG 2008
und EU-Vermittler-Richtlinie nach dem Motto "doppelt
hält besser". Das heißt im Klartext, dass
der Vermittler nach § 42c VVG eine Beratung durchzuführen
hat. Alles was in der Beratung mit dem Kunden besprochen wurde,
muß dann in einem Beratungsprotokoll festgehalten werden.
Wer das nicht möchte, kann per Verzichterklärung
davon Abstand nehmen.
Wieviel Lohnkosten enthält
ein Brötchen?
Oder wieviel Energiekosten oder Miete für die Bäckerei
stecken in einem Dinkelbrot? Das fragt sich wohl kaum ein
Mensch. Bei Versicherungen ist es seit dem 01.07.2008 aber
so, dass Abschluss- und Verwaltungskosten gemäß
VVG-InfoV offengelegt werden müssen. Danach müssen
alle kalkulierten Kosten einer Kranken-, Lebens-, Berufsunfähigkeits-
oder Unfallversicherung in Euro und Cent ausgewiesen werden.
VVG - Was noch?
Das VVG ist wie der Name schon sagt - ein Vertragsgesetz und
so gibt es natürlich eine ganze Menge Sachen, die den
Vertrag betreffen wie z.B. das Widerrufsrecht, Obliegenheiten,
Prämienzahlung, vorläufige Deckung Kündigung
u.s.w. Da sich das VVG ab dem 01.01.2009 auch auf bestehende
Verträge ausgeweitet hat und fast jeder einen oder mehrere
Versicherungsverträge besitzt, hat somit auch jeder die
"neuen Regeln" von seinem Versicherer ins Haus bekommen.
Deshalb ist es eigentlich überflüssig, sich an dieser
Stelle noch weiter mit diesem Thema zu befassen.
Nobody is perfect
Das das Gesetz natürlich sehr umfangreich ist, können
wir hier natürlich auch nur eine Zusammenfassung, präsentieren.
Wir hoffen dennoch, dass dieser kurze Überblick - hier
und da mit einem "Augenzwinkern" - eine hilfreiche
Information für Sie darstellt. Kritik gab es aber nicht
nur von uns. Ob das neue Gesetz dem Kunden einen entscheidenden
Nutzen bringt, ist lt. Expertenmeinungen nicht zu bestätigen.
Fazit:
Wenn man nun alles unter dem Motto "Viel Wind um Nichts"
abhaken könnte, würde man relativ gelassen an die
Sache herangehen. Die Realität ist aber, dass die Versicherungswirtschaft
mehrstellige Millionenbeträge für die Umsetzung
der Reform ausgeben mußte, die dann am Ende wieder an
den Verbraucher weitergegeben werden. So kann man eben nur
zu dem Fazit kommen: Viel Wind um eine kostspielige und komplizierte
Reform!
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